Die Zecke: Das gefährlichste Tier in Deutschland
Ein Zeckenstich ist an sich zwar nicht gefährlich, wohl aber die Krankheitserreger, die übertragen werden können. Zum Beispiel die Lyme-Borreliose oder die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Wie die Krankheitsverläufe sind, wie wir uns mit einer Impfung schützen können und wieso unser Körpergeruch die Zecken beeinflussen kann, das klären wir mit unserem Experten Prof. a.D. Dr. Jochen Süss.
Viel Spaß beim Zuhören!
Lesen Sie auch: Wie Sie einen Zeckenbiss erkennen und was Sie tun müssen
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Welche Krankheiten können Zecken auf Menschen übertragen?
Kaum klettern die Temperaturen auf acht Grad, erwachen sie aus ihrem Winterschlaf: Zecken. Die kleinen Blutsauger können uns stechen und gefährliche Krankheiten übertragen. Welche Infektionen das sind, lesen Sie in diesem Artikel.
Bei einem Ausflug in die Natur streifen wir durch üppiges Gras, kommen an hohen Sträuchern vorbei und entdecken die Vielfalt unserer Wälder. Oder anders ausgedrückt: Wir ziehen durch die liebsten Aufenthaltsorte von Zecken. So kann es durchaus vorkommen, dass wir den Spinnentierchen unbemerkt ein neues Zuhause schenken. Auf unserem Körper gelandet, sucht sich die Zecke langsam und oft über Stunden eine weiche, gut durchblutete Hautstelle. Hat sie einen geeigneten Platz gefunden, sticht sie zu. So kann die Zecke drei bis sieben Tage unser Blut als Nahrungsquelle anzapfen – und damit Bakterien und Viren in unseren Körper transportieren, die Krankheiten auslösen können.
Welche Krankheiten können Zecken übertragen und wie sehen die Krankheitsverläufe aus?
So unterschiedlich die Krankheiten sind, so vielfältig sind auch ihre Auswirkungen auf unseren Körper. Die Ausgangssituation für eine potenzielle Infektion ist aber immer gleich: Die Zecke hat eine für sie optimale Stelle entdeckt – zum Beispiel in der Kniekehle oder am Bauch – und zugestochen. Der Übertragungszeitpunkt der Krankheiten variiert jedoch.
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Wie verläuft eine Infektion mit dem FSME-Virus?
Bereits kurze Zeit nach dem Stich kann die Zecke das FSME-Virus übertragen, denn die Erreger befinden sich im Speichel der Zecke und gelangen so schnell in unsere Blutbahn. Aber was ist FSME überhaupt? Die sogenannte Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME, ist eine Viruserkrankung, greift die Hirnhäute sowie das zentrale Nervensystem an und ist mit Medikamenten nicht heilbar.
Der Krankheitsverlauf einer FSME geht mit bestimmten Symptomen und Phasen einher:
1. Phase: In der ersten Zeit können wir bei einer Infektion mit Frühsommer-Meningoenzephalitis Symptome wie hohes Fieber und Gliederschmerzen entwickeln. Die Anzeichen sind zunächst recht unspezifisch, daher können wir FSME in diesem Stadium oft mit einer Grippe verwechseln. In der Folge bleibt die Krankheit unentdeckt. Die gute Nachricht: Bei einem Großteil der Betroffenen klingen die Symptome nach der ersten Phase ab und die Infektion ist überwunden.
2. Phase: Dieses Stadium weist bei circa 50 Prozent der Patienten einen schweren Krankheitsverlauf von FSME auf, und zwar aufgrund einer Entzündung der Hirnhäute (auch Meningitis genannt). Bei etwa 40 Prozent kommt es zu einer Entzündung des Gehirns. Daraus resultieren mögliche Spätfolgen wie Lähmungen, Sprachstörungen und dauerhafte Schmerzen.
Laut Robert Koch-Institut gab es im Jahr 2020 535 bekannte FSME-Fälle in Deutschland. Um sich vor einer schweren Erkrankung vorsorglich zu schützen, kann eine Impfung gegen FSME ratsam sein. Wie empfehlenswert eine Zeckenimpfung ist, hängt davon ab, ob wir in einem FSME-Risikogebiet wohnen. Das Robert Koch-Institut schreibt folgende Risikogebiete aus:
Quelle: https://www.rki.de/FSME-Karte/
Wann besteht das Risiko einer Erkrankung mit Borreliose?
Neben den FSME-Viren gibt es auch die sogenannten Borreliose-Bakterien. Diese Erreger leben im Darm der Spinnentiere und gelangen durch den drei- bis siebentägigen Saugvorgang in unseren Körper. Im Gegensatz zu den FSME-Viren dauert es etwa ein bis zwei Tage, bis die Bakterien in unseren Körper geschleust werden. Laut Robert Koch-Institut steigt das Risiko einer Infektion nach einer Saugzeit von mehr als zwölf Stunden.
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Die Erkrankung wird auch als Lyme-Borreliose bezeichnet und resultiert aus einer Infektion mit Bakterien, genauer gesagt: Borrelien. Die Zahl der Neuerkrankungen wird jährlich auf 40.000 bis 80.000 geschätzt. Borreliose kann Auswirkungen auf unsere Haut, das Nervensystem und unsere Gelenke haben. Bis es nach einem Stich zu Symptomen kommt, können Wochen vergehen. Zu möglichen Symptomen zählen:
- Wanderröte: Die Hautentzündung gehört zu den häufigsten Symptomen einer Borreliose und bildet sich meist kreisrund um den Zeckenstich. Sie breitet sich ringförmig auf dem Körper aus, kann über einen Durchmesser von etwa fünf Zentimetern erstrecken.
- Grippeähnliche Symptome: dazu zählen unter anderem Abgeschlagenheit, erhöhte Temperatur und Gelenkschmerzen.
- Nervenschmerzen: Typisch fürNeuroborreliose sind brennende oder stechende Schmerzen, die vor alle in der Nacht auftreten. Sie können sich gürtelförmig verteilt durch den ganzen Körper ziehen.
Bleiben Borrelien unbemerkt, bzw. werden sie nicht mit Antibiotika behandelt, treten möglicherweise sogar erst nach Monaten oder Jahren Beschwerden einer Lyme-Borreliose auf. Bei einer späten Borreliose – die jedoch selten vorkommt – gehören chronische Entzündungen der Gelenke (Lyme-Arthritis) und des Nervensystems zum Krankheitsbild.
Auch die Haut ist betroffen, besonders an Armen und Beinen verändert sie sich, schwillt zunächst an und wird dann dünner und verfärbt sich bläulich. Häufig zählen Taubheitsgefühl, Kribbeln, Brennen oder gesteigerte Schmerzempfindlichkeit zu den Auswirkungen von Entzündungen des Nervensystems.
Schon gewusst?
Die Zeckenart namens „Ixodes ricinus“, auch bekannt als „Gemeiner Holzbock“, gehört zur Familie der Schildzecken und tritt am häufigsten bei der Übertragung von Borreliose beziehungsweise Lyme-Borreliose in Deutschland auf.
Welche weiteren Krankheiten gibt es?
Neben FSME und Borreliose gibt es weitere zeckenübertragene Krankheiten. Dazu zählen:
Anaplasmose
Diese Erkrankung kommt vor allem im Tierreich vor, aber auch Menschen können sich mit dem Bakterium „Anaplasma phagocytophilum" infizieren, welches unsere weißen Blutkörperchen befällt. Die Krankheit wird dann als Humane Granulozytäre Anaplasmose (HGA) bezeichnet. Bei etwa 75 Prozent der Fälle verläuft die Infektion mit dem Erreger unbemerkt, es treten keine Beschwerden auf. Ist jedoch das Gegenteil der Fall, bricht die Krankheit im Körper aus. Die ersten Symptome nach einem Zeckenstich erscheinen nach wenigen Tagen, können aber auch erst nach vier Wochen in den Vordergrund treten.
Zu den typischen Symptomen gehören:
- Unwohlsein
- Fieber
- Kopfschmerzen
- Muskelschmerzen
- Gelenkschmerzen
- Schwindel
Die Auswirkungen einer Anaplasmose zeigen sich in Blutbild-Veränderungen. Dabei kann es unter anderem zu einer Blutarmut (Anämie) kommen, indem zu wenig rote Blutkörperchen im Körper nachgewiesen werden. Auch Leber- und Entzündungswerte können auftreten. In seltenen Fällen ruft sie Gelenkentzündungen, Magen-Darm-Beschwerden oder Störungen des Zentralen Nervensystems hervor. Anaplasmose lässt sich mit Antibiotika behandeln.
Neoehrlichiose
Das Bakterium Candidatus Neoehrlichia mikurensis kann Neoehrlichiose auslösen. Es versteckt sich in den Zellen unseres Körpers und vermehrt sich dort so lange, bis die Zellen schließlich platzen. Das Resultat: Massen von Erregern werden freigesetzt. Das Bakterium ist erst seit kurzer Zeit bekannt, dementsprechend spärlich fallen auch die Informationen zur Erkrankung aus. Es kann folgende Beschwerden bewirken:
- Fieberschübe
- Gelenkschmerzen
- Muskelschmerzen
- Abgeschlagenheit
- Gefäßkomplikationen wie tiefe Venenthrombosen oder Lungenembolie
Da der Keim bei herkömmlichen Labor-Tests nicht festgestellt werden kann, ist ein Nachweis nur mit einem bakterienspezifischen PCR-Test möglich.
Rickettsiose
Rickettsien sind kleine Stäbchenbakterien, die Zecken übertragen können. Sie befinden sich in Zellen des Speichels oder auch dem Kot der Spinnentiere. Zu den Symptomen der Rickettsiose zählen:
- Fieber
- Kopfschmerzen
- Myalgien (Muskelschmerzen)
- Übelkeit und Erbrechen
- Husten
- Hautentzündungen
Das hohe Fieber, starke Kopfschmerzen und Exantheme können auch auf das sogenannte Rocky-Mountain-Fleckfieber hindeuten, das durch Rickettsiose entstehen kann.
Darüber hinaus gehört das Q-Fieber zu einer weiteren Erkrankung, die Zecken auslösen können. Dabei kann das Bakterium namens Coxiella burnetii grippeähnliche Symptome verursachen. Auch das Krim-Kongo-Fieber beziehungsweise das hämorrhagische Fieber zählt zu weiteren Infektionen, die in Deutschland jedoch nur selten auftreten. Die kleinen Verursacher der Krankheit sind Bunyaviren.
Die übertragbaren Krankheiten wie das FSME-Virus und Borreliose zeigen: Die kleinen Lebewesen haben es in sich, auch wenn sie unscheinbar wirken. Deshalb sollten wir mit einem Zeckenstich nicht leichtfertig umgehen, sondern direkt handeln und die Zecke so schnell es geht entfernen. Zum Beispiel mit einer Pinzette, noch besser eignet sich eine Zeckenzange oder -karte. Achten Sie auch nach der Entfernung in den kommenden Tagen und Wochen auf Veränderungen Ihres Gesundheitszustandes oder auch auf Hautirritationen. In jedem Fall ist der Hautarzt eine richtige und wichtige Anlaufstelle, um schweren Krankheitsverläufen entgegenzuwirken.
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