Kreuzallergien: Allergene führen zu Kreuzreaktionen
Bei Pollenallergikern läuft im Frühjahr die Nase. Doch auch im Rest des Jahres beginnt der Mund zu kribbeln, sobald sie in einen Apfel beißen. Hier liegt eine Kreuzallergie vor. Was steckt dahinter?
Was ist eine Kreuzallergie?
Etwa 60 Prozent aller Menschen, die an Heuschnupfen leiden, entwickeln auch eine Allergie gegen bestimmte Nahrungsmittel. Bei dieser Kreuzreaktion reagiert das Immunsystem überempfindlich auf ähnliche Allergene, die beispielsweise in pflanzlichen Nahrungsmitteln wie Äpfeln, Erdnüssen oder Bananen vorkommen.
Diese pollenassoziierte Nahrungsmittelallergie bezeichnen Mediziner als Kreuzallergie. Betroffen davon sind vor allem Menschen, die eine primäre Allergie gegen Birkenpollen, Getreidepollen oder Latex haben. „Da manche Proteine in Früchten oder Gemüse den Pollen- bzw. Latexallergenen ähneln, kann es vorkommen, dass die Betroffenen in der Folge auch beim Verzehr bestimmter Nahrungsmittel allergisch reagieren“, erläutert Professor Dr. Torsten Zuberbier, Leiter des Allergie-Centrums an der Berliner Charité. Allerdings muss sich die Kreuzreaktion nicht nur auf Nahrungsmittel beziehen. So können beispielsweise auch bestimmte Materialien oder Zimmerpflanzen eine Allergie hervorrufen.
Wann sind die Allergien bemerkbar?
Primäre Allergien und Kreuzallergien treten selten zum selben Zeitpunkt auf. Vielmehr kann sich eine Nahrungsmittelallergie auch dann noch entwickeln, wenn Allergiker schon länger unter Heuschnupfen leiden. Manchmal nehmen die Betroffenen jedoch ausschließlich eine Allergie gegen bestimmte Lebensmittel wahr, während die primäre Allergie keine oder nur geringe Symptome mit sich bringt. Zu den Auslösern von Kreuzallergien gehören vor allem Baumpollen, die im Frühjahr in der Luft sind und Allergikern das Leben schwer machen. Einige pollenassoziierte Nahrungsmittel rufen häufiger eine Kreuzreaktion hervor als andere. Dazu zählen beispielsweise Sellerie, Erdnuss und Haselnuss.
Häufige sekundäre Nahrungsmittelallergien
Die Allergene in Hasel-, Erlen- und Birkenpollen führen oft zu Kreuzreaktionen mit Nüssen und Mandeln, Kernobst wie Äpfeln und Birnen, Steinobst wie Pfirsichen, Pflaumen und Kirschen sowie Gemüsesorten wie Karotten und Sellerie. Wer allergisch gegen die Pollen der Ambrosia-Pflanze ist, zeigt oft auch allergische Symptome beim Verzehr von Melonen, Bananen, Tomaten und Gurken. Beifuß-Allergiker haben häufig Probleme mit Allergenen, die in Mangos, Weintrauben und Kräutern wie Petersilie und Koriander vorkommen.
Manche Hausstauballergiker entwickeln eine Unverträglichkeit gegen Krabben, Krebse & Co.
Eine Latexallergie dagegen ist häufig mit einer Nahrungsmittelallergie gegen Bananen, Avocados, Kiwis und Feigen verbunden. „Biologisch interessant ist der Zusammenhang zwischen der Hausstaubmilbenallergie und der Allergie gegen Krebs- und Weichtiere wie Garnelen, Krabben und Schnecken. Weil Hausstaubmilben ebenso wie Krebstiere zum Stamm der Gliederfüßer gehören und genauso bestimmte Eiweiße einer Familie aufweisen, entwickeln manche Hausstauballergiker eine Unverträglichkeit gegen Krabben, Krebse und Co“, erklärt Professor Zuberbier.
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Das sind typische Symptome einer Kreuzreaktion
Die Symptome, die durch eine Kreuzallergie ausgelöst werden, treten zumeist wenige Minuten bis zwei Stunden nach dem Verzehr der Nahrungsmittel auf. Die allergische Reaktion äußert sich in einem Juckreiz an Lippen, Zunge, Gaumen, Ohren und Rachen. Die Schleimhaut kann zudem anschwellen oder es bilden sich Rötungen und kleine Bläschen. Auch die Haut kann anschwellen, jucken oder sich röten. In seltenen Fällen treten Magen-Darm-Beschwerden oder Kreislaufprobleme auf. Häufig lassen die Symptome aber schnell wieder nach.
Sobald bei einem Betroffenen Atemnot, Herz-Kreislauf-Probleme und Hautausschlag auftreten, sollte sofort der Notarzt alarmiert und Erste Hilfe geleistet werden, denn dann liegt wahrscheinlich ein anaphylaktischer Schock vor. „Wenn Patienten zu schweren allergischen Reaktionen wie etwa Atemnot neigen, sollten sie stets Notfallmedikamente mit sich führen“, rät Professor Zuberbier und empfiehlt ein Notfallset mit einem Adrenalinautoinjektor, einem Kortikosteroid und einem Antihistaminikum.
Diagnose und Behandlung von Kreuzallergien
Bei Verdacht auf eine mögliche Kreuzallergie erkundigt sich der behandelnde Arzt in der Anamnese zunächst nach der Krankheitsgeschichte des Patienten und nach auftretenden Symptomen. Mithilfe eines Allergie-Hauttests, eines sogenannten Pricktests, kann er herausfinden, auf welche Allergene der Patient allergisch reagiert. Dabei werden verschiedene Allergen-Lösungen auf die Haut getropft. Bei einer vorhandenen Kreuzallergie tritt eine Überempfindlichkeitsreaktion beispielsweise in Form einer Hautrötung auf. Eine weitere Möglichkeit der Diagnose ist eine Antikörper-Bestimmung mittels Bluttest oder ein oraler Provokationstest.
Je nach Ausprägung der primären Allergie ist eine Behandlung der Kreuzallergie möglich. Eine erste Maßnahme ist es, bekannte Allergene zu vermeiden, die Reaktionen hervorrufen. Allerdings sollten Allergiker darauf achten, dass es nicht zu einer Mangelernährung kommt. Medikamente können zudem dabei helfen, die Symptome abzuschwächen. Durch eine Hyposensibilisierung kann eine primäre Allergie und damit auch die Kreuzallergie unter Umständen wieder verschwinden. Mit dieser speziellen Immuntherapie ist es möglich, das körpereigene Immunsystem an die Allergieauslöser zu gewöhnen und somit die Symptome zu verringern.
Welche Faktoren beeinflussen die Verträglichkeit?
Bei manchen Betroffenen tritt die Kreuzallergie nur während der akuten Pollensaison auf, sodass sie im Herbst und Winter nicht auf den Genuss von Äpfeln, Nüssen oder anderen Nahrungsmitteln verzichten müssen. Viele Obst- und Gemüsesorten werden zudem verträglicher, wenn man sie kocht, da die allergieauslösenden Proteine beim Erhitzen zerstört werden. Allergiker können also Apfelkompott statt roher Äpfel probieren oder einen Pflaumenkuchen backen, statt die frischen Früchte zu essen. Außerdem gilt: Stress, körperliche Anstrengungen, Alkoholkonsum oder Medikamenteneinnahme können die allergischen Reaktionen verstärken.
Alte Apfelsorten sind für Allergiker geeignet
Vor allem bei Äpfeln gibt es übrigens große Sortenunterschiede. Wissenschaftler der Hochschule Ostwestfalen-Lippe haben festgestellt, dass der Gehalt an Polyphenolen im Apfel eng mit der Verträglichkeit der Früchte in Verbindung steht. Diese gesundheitsfördernden Pflanzenstoffe, die vor allem in der Fruchtschale stecken, sind in den traditionellen alten Apfelsorten stärker enthalten und machen diese besser verträglich als moderne Züchtungen. „Daher lohnt es sich für Apfelallergiker, nach alten Sorten wie Alkmene, Berlepsch, Goldrenette, Gravensteiner oder Boskoop zu suchen“, sagt Professor Zuberbier. Viele Obstbauern reagieren inzwischen bereits auf die Bedürfnisse von Allergikern und bauen gezielt wieder die alten Sorten an.
Kreuzallergien im Überblick
Im Folgenden haben wir noch einmal die häufigsten Nahrungsmittelallergien und ihre Auslöserallergien aufgeführt:
Häufige Kreuzallergien | |
Baumpollen | Apfel, Pfirsich, Pflaume, Nektarine, Kiwi, Kirsche, Birne, Mandel, Haselnuss und andere Nüsse, Karotte, Sellerie, Kartoffel (roh), Soja, Litschi |
Ambrosia | Melone, Banane, Tomate, Gurke |
Beifuß | Möhre, Sellerie, Kümmel, Petersilie, Koriander, Anis, Fenchelsamen, Mango, Weintraube, Litschi, Sonnenblumenkerne |
Latex | Banane, Avocado, Kartoffel, Tomate, Kiwi, Ananas, Kastanie, Buchweizenmehl, Sellerie, Feige |
Hausstaubmilbe | Muscheln, Garnelen, Krabben, Schnecken |
Seltenere Kreuzallergien | |
Gräser- und Getreidepollen | Dinkel, Gerste, Hafer, Hirse, Mais, Weizen, Roggen (auch daraus gewonnene Mehle), Tomate, Hülsenfrüchte |
Eschenpollen | Ananas, Meerrettich |
Gummibaum | Feige |
Vogelallergene | Ei, Geflügel, Innereien |
Tierhaare | Kuhmilch, Fleisch, Innereien |