Warum Schwimmen das optimale Ganzkörpertraining ist
Wir brauchen nicht ins All reisen, um Schwerelosigkeit zu fühlen: Es reicht, den Sprung ins Wasser zu wagen und eine Runde zu schwimmen. Der gesunde und schonende Sport tut Körper und Geist gut – vorausgesetzt, die Technik stimmt.
Dr. Harald Rehn hat eine Leidenschaft: Wasser. Schon mit fünf Jahren lernte er zu schwimmen, als er im Ostseeurlaub mit den Eltern im Meer spielte. Im Laufe der Zeit folgten das Seepferdchen, Bronze, Silber, Gold, das Rettungsschwimmabzeichen, Wasserball, ein sportwissenschaftliches Studium mit dem Schwerpunkt Schwimmen und das erste Tauchsportabzeichen.
Heute arbeitet er als Referent für die Schwimm- und Rettungsschwimmausbildung bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). „Ich war eine echte Wasserratte als Kind. Ich tobte so lange im Wasser, bis ich mit blauen Lippen zurück zu meinen Eltern kam“, lacht der 62-Jährige. Die gefühlte Schwerelosigkeit, die langsamen Bewegungen, der gleichmäßige Rhythmus: Etwa 7,5 Millionen Deutsche teilen diese Faszination und gehen mehrmals im Monat schwimmen.
Schwimmen ist perfektes Ganzkörpertraining
„Schwimmen hilft einem, abzuschalten und den Alltag zu vergessen. Darüber hinaus ist es ein großartiges Ganzkörpertraining“, sagt Dr. Harald Rehn. Die Ursache dafür liegt im Wasser selbst. Weil seine Dichte etwa 800-mal höher ist als die der Luft, trainiert Schwimmen die Widerstandskraft der Arme, Beine, Schultern, Hüften sowie des Oberkörpers und des Rückens.
Der Sport stärkt aber nicht nur die Muskeln, er bringt auch das Herz-Kreislauf-System auf Touren. Denn das Wasser drückt auf den Brustkorb, sodass wir die Lunge aufblähen müssen. Die Folge: Der Herzmuskel muss kräftiger arbeiten, die Durchblutung wird angeregt – und die Ausdauer steigt, wenn wir regelmäßig Bahnen ziehen.
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Brustschwimmen - wie geht es richtig?
Beim korrekten Brustschwimmen kommt der Kopf nur zum Luftholen aus dem Wasser. Die Arme bis etwa auf Schulterhöhe ziehen und einatmen, wenn der Kopf aus dem Wasser kommt. Ausgeatmet wird während der Gleitphase ins Wasser hinein. Der Körper liegt dann flach im Wasser, das Becken in einer Linie mit den Schultern. Die Beinbewegung erinnert an einen Frosch.
Nachteil: Man kommt nicht schnell voran und die unnatürliche Haltung beansprucht den Nacken- und Rückenbereich sehr stark.
Rückenschwimmen - die gesündeste Schwimmart
Schnell erlernbare Schwimmart, die vor allem den Rücken entspannt. Arme sind über Wasser lang gestreckt. Sie tauchen abwechselnd mit der Hand voran nahezu gestreckt vor dem Kopf ins Wasser ein, werden unter Wasser entlang des Körpers bis zum Oberschenkel geführt und anschließend gestreckt aus dem Wasser genommen. Die Beine schlagen mit den Füßen zur Wasseroberfläche und sinken wieder ab.
Nachteil: Weil die Orientierung im Wasser fehlt, ist Rückenschwimmen in gut besuchten Becken kaum möglich.
Kraulschwimmen: Die schnelle Variante
Die schnellste Variante, die dank natürlicher Bewegungsabläufe mit den Armen und Beinen relativ leicht zu lernen ist, das Atmen zur Seite aber bereitet zu Beginn oft einige Probleme. Beim Einatmen den Kopf zur Seite drehen, während der Arm aus dem Wasser geht. Die Arme abwechselnd rechts und links, weit vor dem Kopf ins Wasser tauchen und bis auf Höhe der Oberschenkel nach hinten ziehen.
Nachteil: Die Atmung braucht Übung, weil sie flach zur Seite erfolgen muss – andernfalls bekommt man Luftprobleme oder gerät in eine instabile Schwimmlage.
Gelenkschonend und gesund
Die Stärkung der Muskeln und Ausdauer ist aber nicht der einzige Vorteil. Auch in Sachen Kalorienverbrauch kann Schwimmen punkten. Studien zufolge verbraucht ein 80 Kilogramm schwerer Mensch beim langsamen Brustschwimmen etwa 344 Kilokalorien pro Stunde, schnelles Kraulen kann sogar 900 Kilokalorien zum Schmelzen bringen.
Der hohe Kalorienverbrauch geht auf die Bewegung und die Energie zurück, die der Körper aufwendet, um den Temperaturunterschied zum Wasser auszugleichen. Schon eine Stunde Schwimmen pro Woche schützt vor Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes und Übergewicht. Und das Beste: Dank der Auftriebskraft des Wassers wiegen wir nur ein Siebtel so viel wie an Land. Das verschafft uns ein Gefühl der Schwerelosigkeit und entlastet die Sehnen, Bänder und Knorpel.
Schwimmen ist für fast alle Menschen geeignet
„Beim Schwimmen handelt es sich um eine äußerst gelenkschonende Sportart, die sich für fast alle Menschen eignet“, sagt Dr. Harald Rehn, der aus eigener Erfahrung spricht. Sportarten mit hohem Verschleiß für die Gelenke wie Joggen kommen für ihn leider nicht mehr infrage.
Im Unterschied zum Schwimmen, das ein niedriges Verletzungsrisiko birgt. So können auch Menschen mit Gelenkproblemen, Übergewichtige, Neu- oder Wiedereinsteiger den Sprung ins kalte Wasser wagen. Nur Menschen mit Bluthochdruck oder Herzerkrankungen sollten zunächst mit einem Arzt abklären, ob sie schwimmen gehen können.
Welche Schwimmart wir wählen, hält der Sportwissenschaftler zunächst einmal für nicht entscheidend. „Wichtig ist es, anzufangen und regelmäßig zu schwimmen, der Rest kommt von allein. “ Wer auf seinen Körper höre, finde schnell die passende Schwimmart. Und mit entsprechender Anleitung erziele man zügig sichtbare Erfolge. Wie oft, wie lange und intensiv wir schwimmen, hänge vom eigenen Empfinden und Fitnesszustand ab. „Hauptsache, der Spaß bleibt nicht auf der Strecke, dann bleibt man auch dran“, meint der DLRG-Referent.
Eintauchen ins Wasser, abschalten vom Alltag. Schwimmen spricht alle Sinne an, sagt Dr. Harald Rehn. „Im Wasser sind wir ganz bei uns selbst. Das finde ich heute noch genauso faszinierend wie als kleiner Junge.“
Wie lernen Kinder am besten schwimmen?
Die Badesaison steht vor der Tür. Laut einer DLRG-Studie aber können etwa 60 Prozent der Zehnjährigen nicht sicher schwimmen. Wir haben Dr. Harald Rehn gefragt, wie Kinder am besten schwimmen lernen.
Warum können so viele Kinder nicht sicher schwimmen?
Das hat verschiedene Gründe. Es gibt heute weniger Wasserflächen und Schwimmbäder in der Fläche, sodass die Kinder längere Wege haben. Es gibt auch weniger Schwimmkurse, weil es an qualifiziertem Personal fehlt. Und viele Kinder verbringen ihre Zeit lieber mit elektronischen Medien, sodass Bewegungssportarten in den Hintergrund rücken.
Ab wann sollten Kinder schwimmen lernen?
Die Lehrpläne der meisten Bundesländer sehen Schwimmunterricht in der dritten Klasse vor. Das ist aber recht spät. Zudem müssen Lehrkräfte auf deutlich mehr Kinder achten, als in der Regel in einen Schwimmkurs aufgenommen werden. Als DLRG empfehlen wir, ab dem Alter von fünf oder sechs Jahren einen Kinderschwimmkurs zu absolvieren.
Diese Kurse dauern in der Regel etwa 20 Stunden. Im Mittelpunkt stehen die Gewöhnung ans Wasser, der Spaß an der Bewegung und der Erwerb der Grundfähigkeiten fürs Schwimmen. Am Ende stellen sich die Kinder der kleinen Prüfung für das Seepferdchen, das sie aber nicht zu sicheren Schwimmern macht.
Wann kann ein Kind Ihrer Meinung nach denn sicher schwimmen?
Mit dem Freischwimmer, also dem Deutschen Schwimmabzeichen Bronze. Das heißt, die Kinder können mindestens 200 Meter und andauernd 15 Minuten schwimmen, zwei Meter tief tauchen, um einen Gegenstand heraufzuholen und einen Sprung aus einem Meter Höhe absolvieren. Selbstverständlich aber sollten auch Kinder mit dem Bronzeabzeichen weiter beaufsichtigt werden.
Viele Kinderschwimmkurse sind überlaufen. Sollten Eltern ihren Kindern selbst das Schwimmen beibringen, wenn sie keinen Kursplatz bekommen?
Nein, davon raten wir ab. Hier können sich Fehler einschleichen und verfestigen, die später nur schwer zu korrigieren sind. Umso wichtiger ist es, die Kinder frühzeitig auf die Wartelisten zu setzen. Um die Zeit bis zum Schwimmkurs sinnvoll zu nutzen, können Eltern ihre Kinder schon vorher mit Wasser vertraut machen und aufs Schwimmen vorbereiten.
Wie kann diese Wassergewöhnung aussehen?
Jedes Duschen, Planschen oder Baden zu Hause hilft. Auch Familienausflüge ins Schwimmbad sind großartig. Wenn die Kinder drei oder vier Jahre alt sind, können die Eltern Bälle und Spielzeuge mit in die Badewanne nehmen, kleine Tauch- und Bewegungsspiele machen oder Löcher ins Wasser pusten. So verlieren die Kleinen die Scheu vorm Wasser. Dann dauert es nicht lange und es gibt für sie kaum etwas Schöneres, als im Wasser zu spielen und zu planschen.
Schwimmen lernen lohnt sich
Wussten Sie schon? Mit dem Kinderbonusprogramm belohnen wir auch alle Kinder, die ein Schwimmabzeichen machen.