Wechseljahre: Hormone aus dem Takt
Schlaflose Nächte. Hitze unter der Bettdecke. Die Wechseljahre gehören zu einer Frau wie die Pubertät. Was gegen die Beschwerden hilft – und was beim Mann in der Lebensmitte passiert.
Mal bleibt die Periode aus, dann dauert es deutlich länger, bis sie einsetzt. Unregelmäßige Blutungen sind oft erste Anzeichen für Frauen, dass sie in die Wechseljahre kommen – in eine Zeit starker körperlicher und seelischer Veränderungen. „Diese Umstellungsphase findet etwa im Alter zwischen 45 und 55 Jahren statt und wirkt sich auf den ganzen Organismus aus“, erklärt Frauenärztin Dr. Doris Maria Gruber aus Wien.
Die Eierstöcke reduzieren nach und nach ihre Funktion, es bilden sich immer weniger Östrogene (weibliche Geschlechtshormone) und Androgene (männliche Geschlechtshormone) und die Fruchtbarkeit endet. Dieser körperliche Prozess strahlt auch auf die Gefühlswelt ab: Viele Betroffene zeigen sich gereizter, empfindlicher. Von den Wechseljahren bleibt zwar keine Frau verschont – nicht alle aber leiden unter Beschwerden. „Ein Drittel merkt so gut wie nichts. Ein Drittel hat leichte, ein Drittel starke Beschwerden“, meint Dr. Gruber. „Die Intensität hängt auch von der Östrogenmenge im Körper ab.“
Das hilft gegen starke Beschwerden
Die Wechseljahre sind keine Krankheit und müssen nicht zwingend behandelt werden. Es gibt aber verschiedene Tipps, um Hitzewallungen, Schweißausbrüche und Co. in den Wechseljahren zu lindern. Bei starken Beschwerden kommt eine Hormontherapie infrage. Präparate in Form von Tabletten, als Pflaster, Gel oder Nasenspray ersetzen die Hormone, die der Körper nicht mehr selbst produziert. „Es hängt vom Leidensdruck ab, ob und wie man hormonell eingreifen sollte“, erklärt Dr. Gruber.
Die Expertin rät gerade in den Wechseljahren zu einer gesunden Lebensweise: „Machen Sie alles, was Ihnen guttut. Wer sich ausgewogen ernährt, ausreichend erholt und Genussgifte wie Alkohol und Nikotin meidet, fühlt sich ausgeglichener und kann mit Beschwerden meist besser umgehen.“ Auch pflanzliche Wirkstoffe wie die Traubensilberkerze, Soja und Rotklee können helfen.
Die drei Phasen der Wechseljahre
- Prämenopause
Den Beginn macht die Prämenopause, die im Schnitt etwa sieben Jahre dauert. Das Hormon Progesteron schwindet und es kommt zu einem Ungleichgewicht mit dem anderen wichtigen Sexualhormon Östrogen. Zyklusunregelmäßigkeiten, Schlafprobleme und Brustschmerzen können die Folgen sein. - Perimenopause
Diese Phase bezeichnet die Zeit von etwa zwei Jahren vor bis zu einem Jahr nach der letzten Regelblutung. Die Östrogenproduktion in den Eierstöcken nimmt weiter ab und Hitzewallungen, Nachtschweiß, Müdigkeit und Hauttrockenheit können verstärkt einsetzen. - Postmenopause
Das Östrogen wird nur noch in kleinsten Mengen produziert. Häufig setzen die typischen Beschwerden erst jetzt richtig ein. Symptome wie wiederkehrende Harnwegsinfektionen, Scheidentrockenheit und Schmerzen beim Sex können hinzukommen.
Wechseljahre beim Mann
Männer sind anders – erst recht, wenn sie in die Jahre kommen. Ob sie aber tatsächlich Wechseljahre erleben, ist in der Forschung umstritten. Fakt ist: Auch beim Mann stellen sich in der Lebensmitte die Hormone um. Aber nicht so abrupt wie bei der Frau. Im Unterschied zum Östrogen bei der Frau nimmt das männliche Geschlechtshormon Testosteron nämlich schleichend ab. Männer zwischen 40 und 55 Jahren fühlen sich oft müde, abgeschlagen, Gewicht und graue Haare nehmen zu.
Die Gesellschaft verbucht diesen Lebensabschnitt als Midlife-Crisis und verbindet sie oft mit Klischees wie flotter Sportwagen und plötzlicher Jugendwahn. Erst, wenn der Testosteronwert dramatisch in den Keller rutscht, kann der Arzt Hormonpräparate einsetzen. Es gibt aber keine Langzeitstudien, die belegen, ob Hormonbehandlungen hilfreich sind oder nicht. Am Ende bleibt nur die Gelassenheit darüber, sich zu verändern und reifer zu werden. Den Lauf der Natur vermögen wir ohnehin nicht zu ändern – und das ist auch gut so.