Welche Nebenwirkungen haben hormonelle Verhütungsmethoden?
Pille, Hormonspirale, Vaginalring: Hormonelle Verhütungsmethoden sind sicher und einfach anzuwenden. Aktuell aber geraten sie häufiger in die Kritik. Ein Grund sind mögliche Nebenwirkungen.
Die Liste hormoneller Verhütungsmethoden ist lang. Leicht anwendbar, bieten sie zuverlässigen Schutz vor einer Schwangerschaft. Der Nachteil: Die künstlich zugeführten Hormone beeinflussen den Körper. Viele Frauen haben damit keine Probleme. Zum Beispiel kommen bei einigen Anwenderinnen sogar weniger Hautirritationen oder Regelschmerzen vor.
Immer weniger Frauen verhüten hormonell
Bei manchen Frauen aber ist das anders. „Es gibt viele mögliche Nebenwirkungen hormoneller Verhütungsmethoden, besonders bei der Pille“, erklärt PD Dr. Mandy Mangler, Chefärztin der Gynäkologie im Auguste- Viktoria-Klinikum in Berlin. Die möglichen Nebenwirkungen bewegen immer mehr Frauen dazu, Abstand von einer Einnahme zu nehmen. Umfragen zufolge nahm 2020 nur noch ein Drittel aller 14- bis 19-Jährigen die Antibabypille – 2015 waren es noch 65 Prozent.
Libidoverlust und Depressionen durch Anti-Baby-Pille
Grundsätzlich gilt: Jeder Mensch ist anders – auch was die Wirkung hormoneller Verhütungsmethoden angeht. „Libidoverlust ist eine mögliche Begleiterscheinung der Antibabypille“, sagt Dr. Mangler. Viele Frauen haben während ihres Eisprungs mehr Lust auf Sex. Hormonelle Verhütung unterbindet den Eisprung – und das sexuelle Verlangen kann sinken. Weil die künstlichen Östrogene und Gestagene der Pille den Hormonspiegel verändern, kann es zudem zu Auswirkungen auf die Geschlechtsorgane kommen. Manche Frauen klagen über eine trockene Vagina oder Zwischenblutungen. Studien zufolge taucht Libidoverlust bei bis zu zehn von 100 Frauen auf, die auf hormonelle Verhütungsmittel setzen.
Bei der Einnahme sollten die Anwenderinnen regelmäßig hinterfragen, ob sie sich anders fühlen als sonst.
Hormone dirigieren die Abläufe im Körper: Sie bringen Nachrichten von A nach B, steuern den Stoffwechsel und beeinflussen die Psyche. Besonders Sexualhormone gelten als Stimmungsmacher. Kein Wunder, wenn sie die Laune heben – oder senken. Forscherinnen und Forscher der Universität Kopenhagen fanden heraus: Hormonell verhütende Frauen haben ein um 20 Prozent höheres Risiko, an einer Depression zu erkranken. „Bei der Einnahme sollten die An- wenderinnen regelmäßig hinterfragen, ob sie sich anders fühlen als sonst“, rät PD Dr. Mandy Mangler. Die Expertin empfiehlt, auch hormonelle Verhütungsmethoden als Ursache für depressive Verstimmungen in Betracht zu ziehen.
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Was können Nebenwirkungen der Hormonspirale sein?
Die Hormonspirale enthält im Unterschied zur Pille nur ein Hormon: Gestagen. Allerdings klagen auch hier fünf Prozent der Anwenderinnen über Nebenwirkungen wie Stimmungsschwankungen. Der Grund für das Wechselbad der Gefühle: Einige Frauen weisen durch den Einsatz der Hormonspirale einen erhöhten Blutspiegel des Stresshormons Cortisol auf. Die Ursache dafür sind zu viele künstliche Gelbkörperhormone, die von der Hormonspirale abgegeben werden. Der Überschuss senkt die Östrogenproduktion, sodass der Cortisolspiegel steigt. Darüber hinaus können Panik, Schlafstörungen oder eine Gewichtszunahme zu den negativen Begleiterscheinungen der Hormonspirale zählen.
Erhöhtes Risiko für Thrombosen
Hormonelle Verhütungsmethoden rufen unter Umständen weitere körperliche Beschwerden hervor. Ungewöhnlich warme, geschwollene und schmerzende Beine können auf eine Thrombose hindeuten. „Im ersten Anwendungsjahr der Pille besteht ein höheres Risiko für Blutgerinnsel und Thrombosen“, sagt PD Dr. Mangler. Denn ihre Einnahme stört das Gleichgewicht zwischen gerinnungsfördernden und gerinnungshemmenden Stoffen im Blut.
Erkranken im Normalfall etwa zwei bis vier von 10.000 Frauen an einer Beinvenenthrombose, sind es bei der Pille etwa dreimal so viele. Bei der Hormonspirale liegt das Risiko aufgrund des fehlenden Östrogens zwar nicht wesentlich höher, dennoch sollten Frauen bei Erkrankungen wie Diabetes, schwerem Bluthochdruck oder einer genetischen Vorbelastung auf Pille, Hormonspirale und Co verzichten. Auch bei Raucherinnen ist das Risiko erhöht.
Liegen keine Vorerkrankungen vor, bleibt die Pille eine sichere Verhütungsmethode, insbesondere für jüngere Frauen. Zumal es sie in mehreren Variationen gibt. Besteht die Kombipille aus zwei Hormonen, enthält beispielsweise die Minipille nur einen Wirkstoff: Gestagen. Frauen, die das Kombipräparat nicht vertragen, greifen oft auf diese Alternative zurück. Welche Pille für einen am besten geeignet ist, sollte man aber mit der Frauenärztin klären.
Welche natürlichen Verhütungsmethoden gibt es?
Wichtig ist, die individuelle Lebenssituation zu betrachten, meint PD Dr. Mangler. Für junge Frauen eignen sich Kondome, weil sie zusätzlich vor Geschlechtskrankheiten schützen. Auch die Kupferspirale ist eine weitere nicht hormonelle Methode: In der Gebärmutter eingesetzt, verhindert sie das Eindringen von Spermien.
„Erfahrenen Frauen empfehle ich die natürliche Familienplanung, kurz: NFP“, so die Frauenärztin. Die Methode ist relativ sicher, setzt aber ein gutes Gespür für den eigenen Zyklusvoraus. Das bedeutet: Die Zeit des Eisprungs und dementsprechend die fruchtbaren Tage müssen genau beobachtet und dokumentiert werden. Dies funktioniert beispielsweise, indem die Frau ihre Basaltemperatur immer zu einer bestimmten Zeit misst oder die Menge, Farbe und Konsistenz ihres Zervixschleims beobachtet.
Was ist die Temperaturmethode?
Bei der Temperaturmethode misst und notiert die Frau jeden Morgen nach dem Aufwachen ihre Körpertemperatur. Nach dem Eisprung steigt diese um wenige zehntel Grad an. Die Temperaturkurve macht dies gut sichtbar, kann aber auch von Stress und Erkrankungen beeinflusst werden.
Was ist die Kupferspirale?
Sie wird von Ärztinnen und Ärzten in die Gebärmutter eingelegt und verbleibt dort bis zu fünf Jahre. Die kleinsten Mengen an Kupfer hemmen die Spermien in ihrer Beweglichkeit und stören zudem den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut. Ein Nachteil können stärkere Regelschmerzen sein.
Was ist das Diaphragma?
Das Diaphragma wird sorgfältig angepasst und in die Vagina eingeführt. Es wirkt als Barriere, die den Spermien den Zugang zur Gebärmutter versperrt. Außerdem kommt ein schützendes Gel zur Anwendung, das die Spermien unbeweglicher macht.
Wichtig ist, sich wohlzufühlen und möglichst wenig Nebenwirkungen zu spüren.
Zyklus-Apps oder Armbänder, die unter anderem mittels Sensoren die Hauttemperatur messen und so ein Fruchtbarkeitsprofil erstellen, dienen hier als Unterstützung. Natürlich sollte Verhütung keine reine Frauensache sein. Auch Männer können Verantwortung übernehmen, zum Beispiel mit Kondomen oder Sterilisationen.
Eins ist klar: So individuell alle Frauen sind, so individuell sollten auch die Verhütungsmethoden auf sie abgestimmt sein. „Es kommt auf den persönlichen Lebens- und Beziehungsabschnitt an. Wichtig ist, sich wohlzufühlen und möglichst wenig Nebenwirkungen zu spüren“, sagt PD Dr. Mandy Mangler.