Wie Sexualhormone uns steuern und beeinflussen
Sie steuern die Fortpflanzung, sorgen für Stimmungsschwankungen, lösen die Pubertät und die Wechseljahre aus: Testosteron und Östrogen. Die beiden Sexualhormone wirken wie unsichtbare Strippenzieher im Körper. Sie helfen den Zellen, zu kommunizieren – und greifen so in verschiedene Vorgänge im Körper ein.
Was sind Sexualhormone?
Ganz gleich, ob das Denkvermögen, die Persönlichkeit, Gesundheit oder sexuelle Lust: Die Sexualhormone Testosteron und Östrogen zählen zur Gruppe der Steroidhormone und beeinflussen sehr viele Lebensbereiche. Dabei gibt es keine Sexualhormone, die ausschließlich beim Mann oder ausschließlich bei der Frau vorkommen. Testosteron und Östrogen zirkulieren in den Körpern beider Geschlechter, allerdings in unterschiedlichen Mengen.
Wofür sind Sexualhormone zuständig?
Ihre wohl wichtigste Aufgabe besteht darin, die Entwicklung der Geschlechtsorgane zu fördern und Frau und Mann die Fortpflanzung zu ermöglichen. So richtig los geht es in der Pubertät, wenn die erhöhte Menge an Sexualhormonen primäre Geschlechtsmerkmale wie Hoden und Eierstöcke sowie sekundäre Geschlechtsmerkmale wie Bart, Busen und breitere Schultern oder Hüften wachsen lässt.
Welche Sexualhormone gibt es?
„Die beiden bekanntesten und wichtigsten Sexualhormone sind Testosteron und Östrogen“, sagt Dr. Joachim Feldkamp, Internist und Endokrinologe an der Bielefelder Universitätsklinik. Die Botenstoffe zirkulieren zwar in den Körpern beider Geschlechter – allerdings in unterschiedlicher Konzentration. So ist Testosteron für den Mann das, was Östrogen für die Frau ist: das einflussreichste Sexualhormon.
Weitere männliche Sexualhormone bzw. Androgene sind:
- Dihydrotestosteron
- Dehydroepiandrosteron
Weitere weibliche Sexualhormone bzw. Östrogene sind:
- Estradiol
- Estron
- Estriol
- Estetrol
Wo entstehen die Sexualhormone?
Testosteron wird hauptsächlich in den Hoden produziert. Ausgeschüttet wird Testosteron über die Hirnanhangsdrüse, die dafür zwei Hormone herstellt: das follikelstimulierende Hormon (FSH), zuständig für die Bildung der Spermien, und das luteinisierende Hormon (LH), das die Testosteronproduktion steuert.
Das weibliche Sexualhormon Östrogen besteht aus den Hormonen Östradiol, Östron sowie Östriol und steuert den Menstruationszyklus. Es sorgt für die Heranreifung des Follikels, des unbefruchteten Eis im Eierstock. Dort erfolgt auch die Östrogen-Produktion, angeregt durch das follikelstimulierende Hormon in der Hirnanhangsdrüse.
Die Funktionen von Testosteron und Östrogen
Wie beeinflusst Testosteron den Körper?
Der Startschuss für die Testosteron-Produktion fällt in der Pubertät, wenn der Spiegel deutlich ansteigt und Jungen geschlechtsreif macht. Hoden, Penis, Bart und Muskeln wachsen und die Stimme klingt tiefer. Das Hormon fördert zudem den Fettabbau und aktiviert die Talgdrüsen, sodass die Haut fettiger ist – und das Risiko einer Akne entsteht. Weil Testosteron die Blut-Hirn-Schranke passiert, wirkt es auch aufs Gehirn und damit aufs Verhalten.
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Wie wirkt Testosteron aufs Verhalten?
„Testosteron kann mit erhöhter Energie, Risikobereitschaft und Aggression einhergehen, aber auch mit großzügigem und sozialem Auftreten.“ Das Sexualhormon entscheidet allerdings nicht über die Persönlichkeit eines Mannes, wie manche Menschen behaupten. „Hier spielen noch viele weitere Faktoren wie die Erziehung, soziale Herkunft, Bildung, persönliche Erfahrungen und die genetische Veranlagung eine Rolle“, erklärt der Experte.
Wie beeinflusst Östrogen den Körper?
Sobald die Pubertät einsetzt, macht das Östrogen Mädchen zu Frauen: Der Busen, die Eierstöcke, Gebärmutter und Scheide reifen heran und es kommt zur ersten Regelblutung. Die Aufgaben des Östrogens gehen aber noch weiter. „Auch der Stoffwechsel, die Knochenbildung, die Gedächtnisleistung sowie Wassereinlagerungen stehen in Verbindung mit Östrogen“, sagt Dr. Feldkamp.
Wie wirkt Östrogen aufs Verhalten?
Der Menstruationszyklus lässt den Östrogenspiegel – und oft auch die Stimmung schwanken. Östrogen kann euphorisieren und aktivieren, weil es starken Einfluss auf die Produktion des Glückshormons Serotonin ausübt. Sinkt die Konzentration des Östrogens, kann dies zu schlechter Laune bis hin zu depressiven Verstimmungen führen. Das heißt umgekehrt: Steigt in der ersten Phase des Zyklus der Östrogenspiegel, fühlen sich Frauen häufig besser.
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Was passiert, wenn eine Störung vorliegt?
Grundsätzlich gilt: Hormonelle Schwankungen gehören zum Leben dazu. Steigt die Produktion der Sexualhormone in der Pubertät sprunghaft an, so lässt sie im Alter nach. Die Spannbreite, welche Werte als normal gelten, ist ohnehin enorm. „Wie viel Testosteron und Östrogen der Körper produziert, ist unter anderem genetisch bedingt“, erklärt Dr. Feldkamp.
Wenn Frauen und Männer allerdings im jungen bzw. mittleren Alter über mehrere Wochen bis Monate über folgende Symptome klagen, kann eine ernsthafte Störung vorliegen.
- Sexuelle Störungen
- Starke Gewichtszunahme
- Haut- und Haarveränderungen
- Muskelabbau
- Schlafstörungen
- Depressive Verstimmungen
Wie wird eine Störung behandelt?
Sicherheit und Klarheit darüber, ob eine Hormonstörung vorliegt, gibt der Schritt zum Hausarzt, Urologen, Gynäkologen oder Endokrinologen. „Hier erfolgen eine ausführliche Anamnese, Untersuchungen sowie mehrere Messungen der Testosteron- bzw. Östrogen-Werte im Körper“, sagt Dr. Feldkamp.
Stellt der behandelnde Arzt eine Hormonstörung fest, reicht oft schon eine Veränderung des Lebensstils. Wenn das nicht hilft, kommt eine Hormonersatztherapie infrage. Hier stehen verschiedene Präparate zur Verfügung, zum Beispiel Tabletten, Injektionen, Gels und Pflaster. Die gute Nachricht: Eine professionelle Behandlung schafft Hormonstörungen in der Regel aus der Welt – und Betroffenen zu einem neuen Körper- und Lebensgefühl.