Wir sind so jung, wie wir uns fühlen
Die Lebenserwartung in Deutschland steigt immer weiter an – dank moderner Medizin und wachsendem Wohlstand. Umso schöner ist es, wenn lange Lebensdauer mit langer Lebensqualität einhergeht. Doch wie schaffen wir es, bis ins hohe Alter gesund und glücklich zu bleiben?
Ekimo setzt mit ihrem Holzhammer zum Schlag an. Sie zielt, trifft den Kunststoffball – und schießt ihn am Tor vorbei. Trotzdem strahlt sie übers ganze Gesicht. Krocket gehört für die 96-Jährige zur täglichen Routine. Pin Pin – springender Gummiball – lautet der liebevolle Spitzname dieser gesunden Greise auf Okinawa. Nirgendwo auf der Welt werden die Menschen so alt wie auf der japanischen Insel – und bleiben dabei so glücklich.
Zusammenspiel von Körper und Geist
Allen Heilsversprechen – vom Jungbrunnen bis zum Heiligen Gral – zum Trotz: eine Zauberformel für ewige Jugend gibt es bis heute nicht. Gleichzeitig wünschen sich immer mehr Menschen, auch im hohen Alter ein selbstbestimmtes und beschwerdefreies Leben zu führen. „Wir dürfen unsere Ansprüche aber nicht zu hoch ansetzen und annehmen, im Alter vollständig gesund und ohne jegliche Einschränkung leben zu können“, erklärt Dr. Christoph Rott, Gerontologe und Alternsforscher an der Universität Heidelberg. Denn der Alterungsprozess setzt schneller ein, als wir wahrhaben wollen: Bereits ab dem 30. Lebensjahr schwindet die Fähigkeit unseres Körpers, neue Zellen zu bilden. Die gute Nachricht: Wie schnell und wie stark wir altern, liegt großteils in unseren eigenen Händen – und ist keine Frage des Schicksals. „Es gibt keine Langlebigkeitsgene. Der Alterungsprozess ist ein hochkomplexer Vorgang, der zu großen Teilen vom persönlichen Lebensstil und der Umwelt beeinflusst wird“, erzählt der Forscher.
Das Rezept: Ausgewogene Ernährung, Bewegung, Freunde und Freude
Bei allen verschiedenen Ansätzen, den Alterungsprozess hinauszuzögern, in einem Punkt sind sich die Experten einig: Die Lebensqualität im Alter hängt vom Zusammenspiel zwischen Körper und Geist ab. Wer langsamer altern will, sollte sich gesund ernähren, Freude am Leben verspüren, aktiv bleiben und sich fordern, statt in den Schongang zu schalten.
Es ist nie zu spät
„Bewegen, bewegen, bewegen!“, rät Dr. Christoph Rott. Selbst Personen, die erst mit Mitte 60 körperlich aktiv werden, besitzen demnach dreimal bessere Chancen, gesund zu bleiben als Altersgenossen, die sich nicht aufraffen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt Senioren, wöchentlich mindestens zweieinhalb Stunden mäßig anstrengenden körperlichen Aktivitäten nachzugehen. Darunter fallen beispielsweise Wandern, Radfahren, Garten- und Hausarbeiten oder Sportarten wie Tanzen, Golf oder Federball. Das stärkt die Muskeln, beugt Brüchen und gefährlichen Herz-Kreislauf-Krankheiten vor.
113 Jahre hat der aktuell älteste Mensch der Welt auf dem Buckel: Der Japaner Masozo Nonaka wurde am 25. Juli 1905 geboren. Im selben Jahr hat Albert Einstein seine Relativitätstheorie. veröffentlicht.
Besonders geeignet sind Übungen, die Körper und Geist gleichzeitig fordern. Gedächtnis- und Konzentrationstraining helfen, das Gehirn in Schwung zu halten. „Man kann zum Beispiel wandern und dabei von 100 in Dreierschritten zurückzählen. So bilden sich neue Blutgefäße und Nervenzellen.“ Und vielleicht lässt sich der Fußmarsch ja sogar nutzen, um den nächsten Lebensmitteleinkauf zu planen, denn eine ausgewogene Ernährung bildet einen weiteren Eckpfeiler für Vitalität im Alter. Ausreichend frisches Obst und Gemüse versorgen den Körper mit allen wichtigen Nährstoffen und Vitaminen und halten das Gewicht auf einem gesunden Level. Der Körper wird es uns mit einem robusten Immunsystem sowie starken Abwehrkräften danken. Ebenfalls nicht zu unterschätzen: neue Herausforderungen. „Ein Musikinstrument oder eine neue Sprache zu erlernen wirkt sich positiv aufs Gehirn aus und beugt einer möglichen Demenz vor“, erklärt Dr. Christoph Rott.
Stabile Beziehungen sind wichtig
Starke soziale Bindungen helfen, die geistige Leistungsfähigkeit zu erhalten. Gerade im Alter ist es wichtig, seinen Partner, Freunde und Verwandte um sich herum zu wissen, mit denen man sich unterhalten und austauschen kann. Die Pin Pins sagen dazu „Yuimaru“. Es bedeutet, gebraucht zu werden, füreinander da zu sein. Denn Liebe und Freundschaft sind immer noch die schönsten Geschenke des Lebens – ganz gleich, wie alt wir sind.
Im 19. Jahrhundert sahen wir in Deutschland mit 40 Jahren buchstäblich alt aus: Die Lebenserwartung bei Männern lag bei nur etwa 34 Jahren. Heute können neugeborene Mädchen laut dem Statistischen Bundesamt mit durchschnittlich 83 Lebensjahren rechnen.
Zehn Tipps für einen gesunden Lebensabend
- Bleiben oder werden Sie sportlich.
- Fordern Sie Ihren Geist.
- Achten Sie auf Ihr Gewicht.
- Treffen Sie gute Freunde.
- Hören Sie mit dem Rauchen auf.
- Essen Sie Fisch, Obst und Gemüse.
- Gehen Sie zur Vorsorge.
- Lernen Sie etwas Neues.
- Behalten Sie Ihren Humor.
- Seien Sie optimistisch.